Autor: Dina Douvier
Stellungnahme zum Bundeshaushaltsentwurf 2024 - Kürzungen im Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) und bei der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB)
Stellungnahme der GEMINI
Die Träger der politischen Jugendbildung fordern in den anstehenden Beratungen zum Bundeshaushalt 2024 ein klares Bekenntnis zur Kinder- und Jugendhilfe und zur politischen Bildung.
Im Haushaltsentwurf 2024 der Bundesregierung sind massive Kürzungen der politischen Bildung vorgesehen. Mit den geplanten Kürzungen werden die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen in unserer Demokratie beschnitten. Sollten die Kürzungen tatsächlich umgesetzt werden, würden sie die Landschaft der unabhängigen Träger der politischen Bildung gleich in mehrfacher Weise treffen:
Kürzungen gefährden die Arbeit der politischen Jugendbildung
Der Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) ist das zentrale Instrument zur Förderung der Kinder- und Jugendhilfe und der Kinder- und Jugendarbeit auf Bundesebene. Über den KJP werden bundesweit tätige Verbände und Organisationen aus allen Bereichen der Jugendarbeit gefördert. Ein zentraler Bereich ist die politische Kinder- und Jugendbildung. Statt die zwischen den Koalitionspartnern vereinbarte bedarfsgerechte Ausstattung des KJP umzusetzen, sieht der Regierungsentwurf für den Haushalt eine drastische Kürzung der KJPMittel um ca. 19 Prozent vor. Angesichts einer über Jahre kaum veränderten Förderhöhe, gestiegener Preise und des jüngst vereinbarten Tarifabschlusses für den Öffentlichen Dienst käme bereits eine Weiterführung des Haushaltsansatzes 2023 einer Kürzung gleich.
Der KJP ist eine der sehr wenigen Bundesförderungen, die eine Strukturförderung für Bildungshäuser, pädagogisches Fachpersonal und Bildungsveranstaltungen ermöglicht. Die über den KJP geförderten Verbände geben ein Großteil der ihnen zur Verfügung gestellten Mittel an ihre Mitgliedseinrichtungen in ganz Deutschland weiter, z. B. an Jugendbildungsstätten, internationale Begegnungszentren, Vereine, Akademien und Bildungseinrichtungen. Die Kürzung der KJP-Mittel würde unweigerlich auch zu einer Schwächung der Einrichtungen und zu einer deutlichen Reduzierung des Angebotes vor Ort führen. Leistungs- und Personalabbau würden sich zuerst dort bemerkbar machen, wo die strukturelle Absicherung der Kinder- und Jugendbildung und zivilgesellschaftlicher Strukturen im Allgemeinen weniger stark aufgestellt sind.
Auch im Etat des Bundesinnenministeriums sind für die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) Kürzungen um knapp 20% eingeplant. Die Politische Bildung ist durch die Kürzungen demnach doppelt betroffen, durch die geplanten Kürzungen im KJP und bei der BpB. Die Kürzungen werden damit die gesamte Landschaft der politischen Bildung massiv treffen.
Kürzungen bei Demokratiebildungsprojekten in Schulen - Abwicklung des Programms „JMD Respekt Coaches“
Die Träger der politischen Jugendbildung sind mit einem Teilprojekt in Höhe von 2,75 Mio. Euro seit fünf Jahren Partner des Programms „JMD Respekt Coaches“. Dieses Programm soll mit den geplanten Kürzungen Ende 2023 abgewickelt werden. Die Träger der politischen Bildung beteiligen sich beispielsweise mit Angeboten für Schülerinnen und Schüler zu Themen wie dem Zusammenleben der Religionen, Rassismus und Antisemitismus, aber auch Angeboten zur Stärkung der Medienkompetenz. Damit werden vor allem Zielgruppen der Schulsozialarbeit erreicht, die sonst kaum an Angeboten politischer Jugendbildung teilnehmen würden. Das Programm stärkt darüber hinaus auch strukturell die Zusammenarbeit zwischen der politischen Jugendbildung und der Jugendsozialarbeit am Standort Schule.
Erfolgreiche Angebote für Jugendliche basieren auf langfristigen Kooperationen, der Entwicklung, Erprobung und Weiterentwicklung von Methoden und Formaten. Das gilt umso mehr für den Bereich Schule, der angesichts des Ausbaus des Ganztages verstärkt auf Kooperation mit außerschulischen Trägern angewiesen sein wird und eine engere Verknüpfung von politischer Jugendbildung und Schulen notwendig macht. Sollte es tatsächlich zur Abwicklung des Programms kommen, werden Expertise, Personal und Strukturen verloren gehen, die in Zukunft noch dringend gebraucht werden. Dieser Schaden könnte zumindest begrenzt werden: Mit einer Erhöhung der regelgeförderten KJPAusstattung des Handlungsfelds der politischen Bildung ließen sich wichtige Arbeitsergebnisse und politische Bildungsangebote aus dem Respekt Coach Programm nachhaltig sichern und blieben so weiterhin bundesweit für Schulen nutzbar.
Das Programm „Demokratie leben!“ ist kein Ersatz
Das Argument, an der politischen Bildung würde nicht gespart, da das Programm „Demokratie leben!“ nicht gekürzt wird, ist nicht zutreffend. „Demokratie leben!“ ist ein Sonderprogramm, in dem es nur zu einem kleineren Teil um Projekte politischer Bildung geht. Ein Großteil der über das Programm geförderten Maßnahmen sind Präventionsmaßnahmen, Aussteigerprogramme und Beratungsangebote. Sowohl Sonderprogramme als auch politische Bildungsarbeit im Allgemeinen sind darauf angewiesen, eine vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Die über den KJP finanzierten Träger sind dabei von entscheidendem Wert für eine erfolgreiche Arbeit, da hier Strukturen wie Räume, Netzwerke, Fachpersonal, Teilnehmende und Erfahrungen genutzt werden.Eine weitere Schwächung oder gar ein Wegfall dieser Bildungsorte würde auch dazu führen, dass Programme wie „Demokratie leben!“ bzw. das geplante Demokratiefördergesetz nicht angemessen umgesetzt werden können.
Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einhält, sich für eine bedarfsgerechte Ausstattung des KJP einsetzt und die notwendigen Rahmenbedingungen für eine verlässliche Finanzierung und Stärkung der Demokratieförderung und politischen Bildung schafft. Um die Bedarfe im Bereich der politischen Bildung zu decken, ist eine Aufstockung für den Kinder- und Jugendplan, Handlungsfeld I Politische Bildung i. H. v. mindestens 3 Mio. Euro für das Jahr 2024 notwendig. Wir vertrauen darauf, dass Sie sich in den kommenden Haushaltsberatungen gegen die geplanten Kürzungen, für die politische Jugendbildung und einen starken, bedarfsgerecht ausgestatteten KJP und damit für Kinder, Jugendliche und ihre Familien einsetzen.
Die Stellungnahme finden Sie hier als PDF zum Download.
Die Gemeinsame Initiative der Träger Politischer Jugendbildung (GEMINI) ist eine Arbeitsgruppe im Bundesausschuss Politische Bildung (bap e.V.) und bildet ein Netzwerk für die Politische Bildung mit über 1.750 Einrichtungen der außerschulischen Bildung.
Mitglieder der GEMINI:
- Arbeitsgemeinschaft der Ost-West-Institute e.V.
- Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland e.V.
- Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e.V. Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben e.V.
- Deutscher Bundesjugendring e.V.
- Deutscher Volkshochschul-Verband e.V.
- Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung
- Verband der Bildungszentren im ländlichen Raum e. V.